Am Sonntag, dem 24.03, war der 20. Gedenktag der Opfer der Operation “Allied Force”. Diese offensive Militäroperation gegen Jugoslawien war die erste der NATO, außerhalb eines Bündnisfalles und ohne ein UN-Mandat. Damit verstieß die “Allied Force” Operation sowohl gegen das Völkerrecht, als auch gegen die eigenen Prinzipien der NATO, wie der folgende Auszug aus ihrer offiziellen Seite zeigt.[3]
Die NATO engagiert sich für die friedliche Lösung von Konflikten. Doch wenn diplomatische Anstrengungen scheitern, hat sie die militärische Macht, Operationen des Krisenmanagements durchzuführen. Diese erfolgen im Rahmen der Beistandsklausel im Gründungsvertrag der NATO – Artikel 5 des Washingtoner Vertrags – oder mit einem Mandat der Vereinten Nationen, entweder allein oder in Zusammenarbeit mit anderen Ländern und internationalen Organisationen.
Der Artikel 5 des Washingtoner Vertrags besagt, dass im Falle eines Angriffes gegen eine Partei der NATO die restlichen Mitglieder zur Hilfe bei der Selbstverteidigung verpflichtet sind.[4]
Und obwohl keine dieser Kriterien zutrafen, leitete die NATO am 24.03.1999 den Angriff gegen Jugoslawien ein. Als vermeintliche Begründung für die Durchführung dieser Operation wurde die Nichtunterzeichnung des Vertrags von Rambouillet, einem Entwurf eines Friedensvertrags genannt. Diese Tatsache hat man verwendet, um zu zeigen, dass die jugoslawische Regierung keine diplomatische Lösung wollte. Jedoch waren viele Politiker der damaligen Zeit der Meinung, der vorgeschlagene Friedensvertrag wäre für Jugoslawien unannehmbar und er diene rein der Findung eines Kriegsgrundes. Der ehemalige SPD-Abgeordnete Hermann Scharr sagte dazu: “Es war unrichtig von der Bundesregierung, zu glauben und dem Parlament und der Öffentlichkeit zu suggerieren, dieser Vertrag hätte von Belgrad jemals unterschrieben werden können; selbst ein gemäßigter serbischer Politiker an der Stelle von Milosevic hätte diesen Text niemals unterzeichnet.” US Politikwissenschaftler Henry Alfred Kissinger sagte zum Vertrag von Rambouillet sogar, es handle sich um reine Provokation von Seiten der NATO.[5]
Dies war die erste Aktion dieser Art, die die NATO je durchgeführt hat; ohne Mandat, ohne Angriff und, je nach Auslegung, ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Nun erhebt sich eine neue Organisation, die sich an ähnliche Prinzipien und Strukturen zu halten vorhat: die Europaarmee.
Im Rahmen des EU-Projektes PESCO (PErmanent Structured COoperation) wurde die Umsetzung dieser bereits davor vielfach diskutierten Idee in Angriff genommen. Eines der vielen Ziele dieses Projektes war es, die durch das Verlassen der EU durch die Vereinigten Königreiche geschwächte EU stärker aneinander zu binden und einen neuen Geist der Kooperation aufflammen zu lassen. Lediglich drei Mitgliedsstaaten haben dieses Projekt noch nicht unterstützt: Malta, Dänemark und das sich im Verhandlungschaos befindende Großbritannien. Doch so nobel und solidarisch die Ziele dieses Projektes zu sein scheinen, zeigt sich deutlich, dass selbst Militiärorganisationen, die an das größte interstaatliche Gremium der Welt gebunden sind, in der Lage dazu sind, moralisch fragwürdige Taten im Namen einer “humanitären Intervention” durchzuführen.
Unter diesem Licht sollte die Europaarmee ein sehr vorsichtig behandeltes Thema sein, für welches der Wunsch nach stärkerem inneren Zusammenhalt vielleicht nicht der alleinige Existenzgrund sein sollte. Auch die zusätzliche Aufrüstung, die durch ein Verteidigungsbudget von 3% des GDP der Mitgliedsstaaten – eine Verdopplung des momentanen Militärhaushaltes von Österreich – ermöglicht wird, ist schwer Vereinbar mit einer Zukunftsvision, die auf Frieden eingestellt ist.
Quellen:
[1] https://derstandard.at/1237228148473/Nachlese—23-Maerz-2009-Vor-zehn-Jahren-fielen-Nato-Bomben-auf-Serbien
[2] https://www.derstandard.de/story/2000100063119/20-jahre-nato-operation-sirenen-in-belgrad-rauch-im-kosovo
[3] https://www.nato.int/nato-welcome/index_de.html
[4] https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_17120.htm?selectedLocale=de
[5] http://www.russialist.org/archives/3365.html##7
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Recht_zur_Selbstverteidigung
[7] https://www.unric.org/de/charta#kapitel1
[8] https://derstandard.at/58388/Der-militaerische-Annex-B-zum-Rambouillet-Vertrag
[9] http://archiv.friedenskooperative.de/themen/inter-54.htm